Was ist eigentlich das Histogramm?
Frank Richard
Für die korrekte Belichtung eines Fotos ist das Histogramm ein
zumindest wertvolles, wenn nicht sogar unverzichtbares Hilfsmittel.
Derjenige, der die optimalen Ergebnisse aus seiner Kamera
herauskitzeln möchte, sollte demzufolge damit umgehen können.
Dieser Artikel soll den Einstieg in das Thema erleichtern.
Der grundsätzlich Aufbau eines Histogramms
Histogramm mit typischer Tonwertkurve
Das Histogramm ist eigentlich ein Balkendiagramm. Für jede Helligkeitsstufe (Tonwert) im Bild wird ein Balken angezeigt. Ein typisches JPG- Foto verfügt über maximal 256 Tonwerte (Balken). Die Balken stehen aufgrund ihrer Häufigkeit so dicht beieinander, dass sich, wie oben zu sehen, augenscheinlich eine Kurve ergibt. Diese Kurve erstreckt sich in der Horizontalen von links 0 (reines Schwarz) bis rechts 255 (reines Weiß). Von 0 bis 255 ergeben sich 256 (Ton-)Werte. in der Vertikalen wird die Menge des jeweiligen Tonwerts dargestellt. Von unten (selten oder gar nicht vorhanden) bis oben (häufig vorhanden).
Histogramm im Detail
Im Folgenden möchte ich Euch anhand von drei Fotos und den dazugehörigen Histogrammen die Prinzipien näher erklären.
Bild 1
Im ersten Beispiel ist eine Aufnahme mit einer deutlichen Überbelichtung zu sehen. Der Himmel war selbstverständlich nicht wirklich rot. Vielmehr sieht man hier ein weiters Hilfsmittel. Diese Darstellung enstammt aus einem Bildschirmfoto. Geöffnet wurde das Bild mit dem RAW-Konverter von Photoshop, Adobe-Camera-Raw. Diese Software bietet die Möglichkeit, kritische Bildstellen kenntlich zu machen. Ist diese Option wie hier ausgewählt, werden Überbelichtungen standardmäßig rot, Unterbelichtungen blau markiert.
Ein Blick auf das Histogramm, rechts daneben, verrät uns mehr zum Foto. Ihr seht eine deutliche Anhäufung von Tonwertbalken auf der rechten (weißen) Seite. mit einem abrupten Ende am Rand des Histogramms. Das bedeutet, im Bild wird der helle Bereich keine Zeichnung mehr aufweisen. Mit anderen Worten, Hier wird z.B. beim Drucken des Bildes das pure weiße Papier zu sehen sein. Man sagt auch die Lichter sind "ausgefressen" oder "übertrahlt". Selbst bei der Bearbeitung im RAW-Format lassen sich dabei keine Daten wiederherstellen. Wo nix ist kann man auch nix retten.
Auch links im dunklen Bereich sieht man eine kleine Anhäufung von Tonwerten. Hier ist es jedoch nicht ganz so dramatisch. Erstens lassen sich dunkle Bereiche bis zu einem gewissen Grad in RAW besser retten und zweitens sind die dunklen Stellen auf dem Foto kurz über der Wasserlinie des Schiffes und an den Pfählen durchaus natürliche Schattenbereiche.
Bild 2
Das selbe Motiv bewußt unterbelichtet. Camera-Raw zeigt uns hier die Unterbelichtung durch eine blaue Markierung an. Dieser Bereich besteht aus tiefstem Schwarz, wird also beim Drucken mit Tinte zulaufen. Der Bildbearbeiter spricht daher auch von "zugelaufenen" oder "abgesoffenen" Tiefen.
Das Tonwerthistogramm bestätigt uns den Blick aufs Foto. Rapide Anhäufung von Tonwerten auf der linken also schwarzen Seite mit Steigerung bis zum Rand.
Bild 3
Beim dritten Bild seht Ihr nochmals das Schiff. Dieses Mal "normal" bzw. gut belichtet. Der RAW-Konverter gibt uns keine Warnungen und auch das Histogramm zeigt uns einen guten Kurvenverlauf über den gesamten Tonwertbereich mit sanften Ausläufen nach schwarz und weiß. Die hellen Stellen im Himmel erscheinen grenzwertig. Bei genauem Ausmessen der Bildpartien zeigt sich ein Tonwert von ca. 250. Demzufolge noch kein reines Weiß.
Wir fassen hier mal kurz zusammen:
Bildbereiche sollen im Normalfall weder reines Weiß noch reines Schwarz enthalten. Beides sieht bei der Ausgabe eines Fotos unschön aus und lässt sich auch im RAW-Konverter nur teilweise und mit Nachteilen retten. Unser Ziel muß daher sein, von vorn herein gut ausgewogene Aufnahmen zu erstellen. Ich sag's gern immer wieder: nur mit optimalem Ausgangsmaterial lassen sich auch überdurchschnittliche Ergebnisse erziehlen.
Wie kommen wir nun aber bereits beim fotografieren zu diesem angestrebten Ziel?
Hilfsmittel bei der Aufnahme
Jede gute, aktuelle, digitale Spigelreflexkamera vom Profimodell bis hinunter zum sogenannten Consumermodell hat diverse Hilfsmittel an Bord, von denen viele Anwender noch nicht mal etwas ahnen. So auch zu diesem Thema. Auf der weiter unten angezeigten Darstellung ist die Rückseite einer Canon EOS 500 D abgebildet. Auf dem Display sieht man das Hilfsmittel zur Tonwertbeurteilung. Linksseitig das Foto und rechts das dazugehörige Histogramm mit in diesem Fall deutlich erkennbarer Überbelichtung. Der blinkende Bereich ist kein Scherz von mir sondern wird durch die Cam durchaus so dargestellt. Ähnlich wie weiter oben erwähnt im RAW-Konverter warnt diese Anzeige den Benutzer vor Überbelichtung. Für Euch sollte das ein Signal sein, die Aufnahme mit angepassten Parametern sofort zu wiederholen. Eine Unterbelichtung wird übrigens adäquat angezeigt. Wie Ihr zu dieser Bildschirmanzeige kommt, solltet Ihr dem Handbuch Eures Fotoapparates entnehmen können.
Gerüstet mit diesem Wissen und der Unterstützung Eurer Kamera gewiss, sollte Euch von nun an kaum ein Foto in die Unter- oder Überbelichtung abdriften.
Bild + Histogramm auf dem Display einer Canon EOS 500 D
Ausnahmen
Inzwischen seid Ihr es wahrscheinlich schon gewöhnt, dass am Ende meiner Beiträge noch ein "aber" kommt. So auch jetzt.
Selbstverständlich gibt es immer Ausnahmen von der Regel. Mit anderen Worten: Das perfekte Histogramm existiert nicht. Wenn Ihr z.B. Kater Morchen des Nachts auf der Kellertreppe im Mondlicht fotografiert, könnt Ihr Euch auf den Kopf und wieder auf die Beine stellen. Die Tonwertkurve wird trotzdem stark linkslastig sein. Ähnlich, aber andersrum wird die Kurve beim Foto vom Schimmel im Schnee aussehen. Nach der Lektüre dieses Beitrages wisst Ihr aber wenigstens warum das so ist.
fröhliches Pixelschubsen wünscht Euch
Frank Richardt
Übrigens. Den größten Teil der oben verwendeten Grafiken hat unser ehemaliges Fotoclubmitglied Heinz Richter erstellt und mir für diesen Artikel freundlicher Weise zur Verfügung gestellt. Danke dafür!